< | Kunst hinter Stacheldraht | > |
Am Kriegsende 1945 wurde unser Großvater August Kutterer bei Hindelang im Allgäu gefangen genommen und kam in französische Kriegsgefangenschaft in ein Lager in Baccarat in Lothringen. In diesem Gefangenenlager waren viele Künstler, Maler, Schriftsteller, Musiker. Da die Offiziere nicht arbeiten mussten, durften sie künstlerisch tätig sein, so auch August Kutterer. Der Lagerkommandant unterstützte dies, indem er Papier, Stifte und Farben besorgte und sogar eine kleine Ausstellung organisierte zu der auch die Bürger von Baccarat eingeladen waren.
Ein Einwohner von Baccarat, unsere Großmutter Elise Kutterer nannte ihn Monsieur Geoffroy, sah in dieser Ausstellung die Bilder von dem Gefangenen August Kutterer und fragte beim Lagerkommandanten nach, ob er bei Kutterer Malunterricht nehmen könne. Dieser erlaubte August Kutterer sogar das Lager zu verlassen, so dass er seinen französischen Malschüler in dessen Haus unterrichten konnte. Madame Geoffroy war indes sehr besorgt um das leibliche Wohl des abgemagerten Kriegsgefangenen und kochte ihm ein üppiges Menue. Leider vertrug August Kutterer die reichlichen Speisen nach Tagen des Hungers gar nicht und wurde statt kräftiger erst einmal richtig krank. Deshalb bereitete Madame Geoffroy bei jeder weiteren Malstunde ihres Mannes für August Kutterer eine nahrhafte Mahlzeit aus Brei-und Schonkost, was ihm sehr gut bekam. Unsere Großeltern Elise und August Kutterer berührte diese Fürsorge des Ehepaars Geoffroy auch deshalb ganz tief, weil deren Sohn in Deuschland gefallen war und sie ohne Verbitterung den Menschen August Kutterer bei sich aufnahmen.
Im Nachlass unseres Großvaters fanden wir nicht nur seine Bilder aus der Zeit der Kriegsgefangenschaft sondern auch das folgende Gedicht, dessen Autor uns leider namentlich nicht bekannt ist, der aber ein Mitgefangener von August Kutterer in Baccarat war.
Spruch der Zeit
Mag das Morsche stürzen und vergehen,
unter Glück und schmerzerfüllten Wehen
wird die Welt den neuen Geist gebären.
Wiegend beugen sich die reifen Ähren
ewig eingewurzeltem Gebote
schon geweiht dem Duft der warmen Brote.
Sei auch du in Demut und im Stillen
Acker oder Korn nach Gottes Wille.
Hinter Stacheldraht